Schulstart. Was, wenn er weh tut?
- Marina Amplatz
- 9. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Die Schule, der Kindergarten, alles legt wieder los. Freud und Leid liegt da ziemlich oft sehr nah beieinander. Wie kann man Leid begleiten und bestenfalls in Freud verwandeln? Darum geht's heute, weil's mir ein Herzensanliegen ist.
Schulstart. Heute ist Tag 2 in der Steiermark und ich hatte am Gehsteig eine kurze aber sehr tiefe Unterhaltung mit einer bekannten Mama. Das Thema war Mobbing in der Schule. Für die Tochter seit längerem tägliche Realität. Ein so unfassbar schwieriges und herzzerreißendes Thema für alle Eltern, die nun wieder täglich ihre Kinder zur Schule schicken... müssen. Sie sagte, sie habe schlaflose Nächte wegen ihrer Tochter. Sie hatte sichtlich ein schweres Herz und fühlte sich selbst ohnmächtig.
Ich kenne Mobbing aus meiner Schulzeit - war jedoch selbst wenig davon betroffen. Einmal gab es eine Situation, wo plötzlich keins der Klassenmädchen mit mir gesprochen hat. Tagelang wurde ich ignoriert. Ich wusste nicht warum und selbst den Jungs in der Klasse ist es aufgefallen. Bei mir löste das Wut aus. Wut wird oft schlechtgeredet, aber wie Wahrheit ist - Wut trägt eine geballte Ladung Veränderungsenergie in sich. Es war gerade Krampuszeit und damals gab's noch die Kramperl-Karten, die man mit Blei beschwert hat und angebrantelt. Die Post hatte bestimmt eine Riesenfreude damit. Mein Entschluss stand fest: Ich hab jedem Mädchen einen fetten Stein drauf geklebt und bat meine Nachbarin die Adresse drauf zu schreiben zwecks Anonymität. Ein unglaublich smarter Schachzug, wie ich meinte, denn die Mädels haben damals 36 Schilling für die Karte bezahlt. Viel Geld damals für Hauptschulkinder. Sie dachten ALLE Mädels haben eine Karte von den Jungs bekommen. Wir waren wieder eine Gruppe, Gleichgesinnte. Das Eis war gebrochen.

Ja, ich weiß. Das war nur ein kleiner Ausflug in die Mobbinghölle. Was ich aber damit sagen will: jeder reagiert anders und alle Gefühle sollten ernst genommen werden, Raum bekommen. Über rechtliche Sachverhalte kann man sich umfassend informieren. Du wirst vermutlich auch schon viel probiert und unternommen haben, um die Situation zu verändern. Lasst euch bitte gut beraten. Selbst wenn interveniert wird, die Verletzung ist dennoch da. Und da will ich kurz meine Impulse teilen, was man im geschützten Rahmen tun kann.
Was du tun kannst, wenn's brennt
Wenn Wut da ist, dann versucht sie konstruktiv zu nutzen. Verwandle Wut in Stärke, in Initiative und Selbstermächtigung. Nicht um jemanden zu schaden, sondern um sich selbst an den Haaren aus den Opfersumpf zu ziehen. Macht Sport, schmiedet Pläne, geht ein Projekt an, um die Energie sinnvoll zu lenken und produktiv zu werden.
Schreibt dein Kind gerne? Dann lass es alle Gedanken und Gefühle, Erlebnisse niederschreiben und wie es damit umgeht. Vielleicht wird mal ein Buch daraus.
Spricht es gerne? Dann lass es frei reden und höre mit aller Aufmerksamkeit und Feinfühligkeit zu - ohne gleich Ratschläge zu geben. Vielleicht startet es mal einen Podcast.
Schweigt dein Kind und will mit niemandem sprechen? Dann versucht Dinge in sein Leben zu integrieren, dass das Dopamin auf gesunde Weise erhöht. Sprich: tausche digitale Unterhaltung, Zucker und stumpfen Konsum gegen echtes Leben. Sport, Lesen, was Neues probieren, Soziales mit wahren Freunden, Naturerlebnisse und sich etwas erarbeiten. Das macht langfristig zufrieden und glücklich - so die Forschung und die eigene Erfahrung.
Dein Kind braucht dich als Leuchtturm, der da ist, wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht. Gib ihm all deine Liebe und vergewissere ihm, dass es richtig ist, so wie es ist. Egal wie alt dein Kind ist. Es braucht zumindest EINE Person in seinem Leben. Eine emotional warme, vertraute und verlässliche Bezugsperson macht es resilient und widerstandsfähig.

In die Zukunft geblickt
Du kennst bestimmt sehr bekannte Persönlichkeiten, Erfinder und Millionäre aus den Medien. Wenn man mal nachliest, wie deren Kindheit und Aufwachsen war, dann fällt eins auf. Die allermeisten hatten's nicht leicht. Da gab es Gewalt (Mariah Carey), Armut (J.K. Rowling), prekäre Verhältnisse (Oprah Winfrey), Legasthenie (Albert Einstein), Mobbing (Barak Obama), früher Verlust der Eltern (Michael Jordon)... Sie hatten oft das volle Programm.
Was also, wenn diese Erfahrungen kein Hemmschuh sind, sondern ein Turbo-Booster? Was, wenn dieser Schmerz dein Kind dazu anregt, etwas in der Welt zu verändern? Was, wenn es dadurch Lösungen findet, um anderen all das zu ersparen? Was, wenn es mal bestehende Systeme reformiert? Dann war es nicht umsonst.
Das ist es, was ich glaube. Es ist nicht umsonst, wenn man mit der Frage
Was mach ich draus?
dran geht. Allein dieser Satz kehrt die Opferenergie in eine Schöpferenergie. Ich glaube fest daran, dass Schmerz der größte Motivator sein kann... einen sogar zu seiner Lebensaufgabe führen kann, wenn man sich dafür öffnen mag. Das wünsche ich allen. Ihr schafft das!
Alles Liebe, Marina


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